(Kiel) Das Oberlandesgericht Köln hat am  13.03.2009 die Stadt Köln verurteilt, 1.013.149,50 €,- Schadenersatz an den früheren Generalmusikdirektor und Chefdirigenten des Gürzenich-Orchesters, James Conlon, zu zahlen und ihm eventuelle weitere Steuerschäden vor dem Hintergrund zu ersetzen, dass er vom Finanzamt in den Jahren 1991 bis 1995 als „Steuerinländer“ behandelt worden ist (OLG Köln, Az. 20 U 128/05).

Darauf verweist der Nürnberger Steuerfachanwalt Dr. Norbert Gieseler, Präsident des DUV Deutscher Unternehmenssteuer Verband e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Pressemitteilung des Gerichts vom gleichen Tage.

In dem Fall hatte der frühere Kulturdezernent der Stadt Köln den Dirigenten James Conlon zu einem Zweitwohnsitz in der Domstadt überredet und ihm dabei eine falsche Auskunft über die steuerlichen Konsequenzen erteilt. James Conlon – amerikanischer Staatsbürger mit Hauptwohnsitz in New York – war ab der Spielzeit 1989/90 bis 2002 zunächst als Chefdirigent der Oper, dann als Generalmusikdirektor und Chefdirigent des Gürzenich-Orchesters der Stadt Köln tätig. Nach Abschluss der Verträge mit der Stadt Köln war er – unter der Voraussetzung, dass er sich nicht länger als 180 Tage im Jahr in Deutschland aufhielt – zunächst nur beschränkt steuerpflichtig und musste pauschal 15 %, später 30 % seiner Einkünfte in Deutschland an den Fiskus abführen.

Durch die Anmietung einer Wohnung in Köln änderte sich dies von Rechts wegen dahin, dass Conlon nun in Deutschland wie jeder andere „Inländer“ unbeschränkt steuerpflichtig wurde und sein gesamtes Einkommen zu versteuern hatte, unabhängig davon, in welchem Land dieses erzielt wurde. Die Stadt Köln führte aber irrig weiter nur den pauschalen Steuersatz an das Finanzamt ab. Als dieses den Fehler aufdeckte, verlangte es vom Dirigenten Nachzahlung der rückständigen Steuern für die Jahre 1991 bis 1995 zuzüglich Nachzahlungs- und Stundungszinsen.

Der Chefdirigent begehrte nun Ersatz von der Stadt Köln, auch für weitere Steuer- und Rechtsberatungskosten, und warf ihr vor, ihn falsch über die negativen steuerlichen Folgen der Wohnungsanmietung aufgeklärt zu haben. Der damalige Kulturdezernent der Beklagten, Peter Nestler, habe ihn gedrängt, eine Wohnung in Köln anzumieten und so seine Verbundenheit mit der Stadt zu dokumentieren. Die Stadt hatte demgegenüber bestritten, steuerliche Auskünfte erteilt zu haben.

In einem ersten Prozessdurchgang hatte das Oberlandesgericht Ansprüche des früheren Generalmusikdirektors zum wesentlichen Teil mit der Begründung verneint, die richtige Versteuerung seiner Einnahmen sei allein dessen Sache gewesen. Dieses Urteil hatte der Bundesgerichtshof allerdings im Revisionsverfahren aufgehoben und zurückverwiesen, was dazu führte, dass sowohl James Conlon als auch der frühere Kulturdezernent Nestler vor dem Senat als Prozesspartei bzw. als Zeuge persönlich vernommen wurden, so Gieseler.

Wie es in der Begründung des heute verkündeten Urteils heißt, ist der Senat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass ihr damaliger Kulturdezernent dem Dirigenten eine unrichtige Auskunft über die steuerlichen Auswirkungen einer Wohnungsanmietung erteilt hat, als er ihn zu einem Zweitwohnsitz in Köln überredete. Diese Überzeugung stützen die Richter insbesondere auf die Aussage des Dirigenten selbst, wonach Nestler seine Frage, ob die Wohnungsmiete steuerliche Folgen habe, mit den Worten „James, nein, ausschließlich 180 Tage sind entscheidend“ verneint habe. Diese Angaben des Dirigenten werden im Urteil als „uneingeschränkt glaubhaft“ bezeichnet. Auch wenn Nestler im Rahmen seiner Zeugenaussage nicht bestätigt habe, dem Dirigenten steuerliche Auskünfte erteilt zu haben, weil er in diesen Fragen nach eigenem Bekunden nicht sachkundig gewesen sei, habe er doch hervorgehoben, dass die Präsenz Conlons in Köln für ihn von hoher Wichtigkeit gewesen sei; man habe regelrecht um ihn „gebuhlt“.

Auch habe Nestler nicht ausschließen können, mit dem Chefdirigenten über eine Wohnungsanmietung in Köln gesprochen zu haben. All dies mache die Aussage Conlons in hohem Maße plausibel, zumal die Höhe der Besteuerung auch ein wesentlicher Gesichtspunkt für die Honorarvereinbarung und die weiteren Dispositionen des Dirigenten gewesen sei. Nestler habe als maßgebender Vertreter der Stadt bei der Vertragsanbahnung eine herausragende Rolle gespielt und sich mit seinem Hinweis auf die 180-Tage-Regel auch in steuerlicher Hinsicht Kompetenz angemaßt. Conlon habe sich auf diese Angaben, die Nestler in seiner Eigenschaft als Kulturdezernent und damit als in Vertragsverhandlungen mit ausländischen Künstlern nicht unerfahrene Person gemacht habe, verlassen dürfen.

Die erneute Revision wurde nicht zugelassen. Die Stadt Köln kann allerdings binnen eines Monats nach Zustellung des Urteils Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof erheben. Dieses Rechtsmittel steht auch dem Kläger zu, weil der Senat eine Erstattungspflicht für einen Teil der geltend gemachten Steuerberatungskosten verneint hat.

Gieseler empfahl dringend, das Urteil zu beachten und ohne vorherige ausführliche steuerliche Beratung keine entsprechenden Gestaltungen vorzunehmen, wobei er u. a.  auch auf den DUV Deutscher Unternehmenssteuer Verband e. V. – www.duv-verband.de – verwies.

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