(Kiel) Durch das Jahressteuergesetz 2015 ergeben sich wieder zahlreiche steuerliche Änderungen. Der Bundestag hat am 4. Dezember 2014 der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zugestimmt. Die Verabschiedung durch den Bundesrat ist für den 19. Dezember 2014 geplant.
Folgende Änderungen, so der Hamburger Steuerberater Carsten Nesemann, Mitglied im DUV Deutscher Unternehmenssteuer Verband e. V. mit Sitz in Kiel, sind geplant:
- Umsatzsteuerbefreiung von Dialyseleistungen
Durch die Änderung des § 4 Nr. 14 Buchstabe b, hh Umsatzsteuergesetz (UStG) sollen auch die nicht nach § 95 SGB V zugelassenen Dialysezentren mit ihren entsprechenden Leistungen von der Umsatzsteuer befreit werden. Damit wird die zwingend erforderliche Wettbewerbsgleichheit herbeigeführt.
- Bescheinigungen für die Umsatzsteuerfreiheit bei kulturellen Veranstaltungen Kulturelle Leistungen privatwirtschaftlicher Einrichtungen (z.B. Theater, Chöre, Museen usw.) sind von der Umsatzsteuer befreit, wenn die zuständige Landesbehörde bestätigt, dass diese Einrichtungen die gleichen Aufgaben erfüllen wie die Einrichtungen unter öffentlicher Trägerschaft. Diese Bestätigung muss wie auch schon bislang vor Ablauf der Festsetzungsfrist für die Umsatzsteuer beantragt werden, die Änderung in § 4 UStG ist einer klarstellenden Anpassung in der Abgabenordnung geschuldet. Betroffene Unternehmen sollten also auch zukünftig darauf achten, dass die Bescheinigungen immer rechtzeitig beantragt werden.
- Schnellreaktionsmechanismus – Erweiterung des Reverse-Charge-Verfahrens Der Umsatzsteuerbetrug nimmt offenbar immer größerer Ausmaße an. Daher soll der Finanzverwaltung das Recht eingeräumt werden, den Anwendungsbereich der umgekehrten Steuerschuldnerschaft (Reverse-Charge) kurzfristig auf weitere Leistungen oder Gegenstände ausweiten zu können. Voraussetzung ist, dass es konkrete Anhaltspunkte für Fälle von Steuerhinterziehung gibt. Zurückgegriffen wird hierfür auf das Instrument der Rechtsverordnung, die eine Regelung außerhalb des normalen Gesetzgebungsverfahrens ermöglicht. Nur wenn die Maßnahme längerfristig aufrecht erhalten bleiben soll, muss die Änderung auch im Wege der Gesetzesänderung geregelt werden.
Es ist zu erwarten, dass die Liste der in den Anwendungsbereich des Verfahrens der Steuerschuldumkehr fallenden Umsätze zukünftig länger wird. Auch wenn hiergegen grundsätzlich nichts einzuwenden ist, bleibt zu hoffen, dass diese Änderungen hinreichend genau definiert sind und trotz aller Dringlichkeit vernünftige Übergangsfristen zur Anpassung der IT-Systeme gewährt werden. Die aktuelle Diskussion um die Steuerschuldumkehr bei Bauleistungen und bestimmten Edelmetallen zeigt, wie schwierig das im Einzelfall ist.
- Monatliche Voranmeldungen
Existenzgründer müssen unabhängig von der Höhe ihrer Umsatzsteuerzahllast im Gründungsjahr und im folgenden Jahr monatliche Voranmeldungen abgeben. Dies soll der Finanzverwaltung einen besseren Einblick in die unternehmerische Tätigkeit geben und helfen, Betrugsfälle schneller aufgreifen zu können. Ergänzend wird nun geregelt, dass die Pflicht zur Abgabe von monatlichen Voranmeldungen auch für Vorratsgesellschaften und Firmenmäntel besteht, wobei der 2-Jahres-Zeitraum zu laufen beginnt, wenn die Vorratsgesellschaft ihre wirtschaftliche Tätigkeit aufnimmt bzw. der Firmenmantel übernommen wird. Würde – wie bislang – auf die Gründung der Gesellschaft abgestellt, wäre zu diesem Zeitpunkt der 2-Jahreszeitraum möglicherweise schon abgelaufen. Die Neuregelung gilt erstmals für Voranmeldezeiträume, die in 2015 enden (also praktisch ab Januar 2015).
- Finanzdienstleistungen an Nichtunternehmer mit Sitz im Drittland Für die sogenannten Katalogleistungen (§ 3a Abs. 4 UStG) an Nichtunternehmer aus dem Drittland bestimmt sich der umsatzsteuerliche Ort der Leistung nach dem Sitz / Wohnsitz des Leistungsempfängers. Der Europäische Gerichtshof hat im Urteil vom 19. Juli 2012 – Rs. C-44/11, Deutsche Bank, im Hinblick auf Finanzdienstleistungen entschieden, dass diese Regelung nicht nur für die explizit in § 4 Nr. 8 Buchstaben a bis h UStG genannten Umsätze gilt, sondern auch für andere Umsätze von Banken / Versicherungen (z.B. Vermögensberatung). Zukünftig können diese Leistungen also ebenfalls netto abgerechnet werden, wenn der nichtunternehmerische Leistungsempfänger im Drittland wohnhaft ist.
- Reverse Charge bei Lieferungen von Erdgas Bei der Lieferung von Elektrizität zwischen inländischen Unternehmen greift das Verfahren der Steuerschuldumkehr (Reverse Charge), wenn beide Vertragsparteien Wiederverkäufer Bei der Lieferung von Erdgas war dies nicht so eindeutig geregelt. Zukünftig wird zwingend darauf abgestellt, dass der Leistungsempfänger „ein Wiederverkäufer von Erdgas ist“. Es handelt sich um eine Klarstellung, die für Rechtssicherheit sorgt, weil die Eigenschaft als Wiederverkäufer vom Finanzamt mittels Formblatt bestätigt wird.
- Reverse Charge bei bestimmten Metallen, Selen und Cermet Durch das Kroatiengesetz wurde mit Wirkung vom 1. Oktober 2014 der Anwendungsbereich der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auf Lieferungen von Edelmetallen, unedlen Metallen, Selen und Cermets erweitert. Aufgrund der generellen Formulierung sind hiervon auch Einzelhandelsumsätze betroffen, was hinsichtlich der Nachweisführung / Belegerstellung erhebliche Probleme hervorruft. Analog zu der für Mobiltelefone etc. geltenden „Freigrenze“ soll deshalb auch in diesem Bereich das Verfahren der Steuerschuldumkehr nur dann zur Anwendung kommen, wenn die Bemessungsgrundlage mindestens 5.000 Euro beträgt. Darüber hinaus wird der Anwendungsbereich durch eine Überarbeitung der Anlage 4 zum Umsatzsteuergesetz eingeschränkt. Zukünftig wird im Wesentlichen auf Rohprodukte Halberzeugnisse für die unternehmerische Weiterverwendung abgestellt. Einzelhandelsfähige“ Produkte (z.B. Stangen, Profile, Draht, Bleche, Bänder und Folien) werden hingegen aus der Anlage gestrichen. Die Klarstellung / Einschränkung ist zu begrüßen, eine Einzelfallberatung ist aber auch weiterhin zwingend angeraten.
Im Kontext dieser Neuregelung ist darauf hinzuweisen, dass die Übergangsregelung, nach der die Beteiligten von der Steuerschuldnerschaft des Leistenden ausgehen können, bis zum 30. Juni 2015 ausgeweitet wurde.
VIII. Betriebsveranstaltungen Abschließend noch ein Hinweis auf eine einkommensteuerliche Änderung, die auch Auswirkungen auf die Umsatzsteuer haben sollte: Gem. Abschnitt 1.8 Abs. 4 Nr. 6 Umsatzsteuer-Anwendungserlass unterliegen Zuwendungen im Rahmen von Betriebsveranstaltungen nicht als Sachzuwendung der Umsatzsteuer, soweit sie sich im üblichen Rahmen halten. Hierbei wird auf den Betrag von 110 € abgestellt. Im Jahressteuergesetz wird geregelt, dass es sich zukünftig um einen Freibetrag handelt und dass (entgegen dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16. Mai 2013 – VI R 94/10) auch solche Kosten einzubeziehen sind, die keine individuelle Bereicherung des Arbeitnehmers herbeiführen (Gemeinkosten, Anmietung von Räumen, Transportkosten). Es ist zu erwarten, dass der Umsatzsteuer-Anwendungserlass marginal angepasst wird, um diese Änderung umsatzsteuerlich nachzuvollziehen.
Nesemann empfahl, dies zu beachten und ggfs. steuerlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auf den DUV Deutschen Unternehmenssteuer Verband – www.duv-verband.de – verwies.
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Carsten Nesemann
Diplom-Finanzwirt
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